Foto: Daniel Beer - Dr. med. Marc K. Schuler (links) und PD Dr. med. Payman Majd in ihrer Röntgenschutzkleidung und mit einer Schutzwand.
25.11.2020 Evangelisches Krankenhaus

Wie ein Zufall die Medizin revolutionierte

Vor 125 Jahren entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen die nach ihm benannte Strahlung – Die Strahlenschutzbeauftragten des EVK Bergisch Gladbach berichten über den modernen Einsatz der Röntgenstrahlung.

Wie bei vielen großen Erfindungen der Menschheit basiert auch die Entdeckung der Röntgenstrahlung auf einem Zufall. Am 8. November 1895 beobachtete der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen bei einem Experiment ein Phänomen, das heute seinen Namen trägt. Wenige Wochen später fotografierte Röntgen die Hand seiner Frau Berta und erzeugte somit das erste Röntgenbild der Geschichte. Heute, 125 Jahre später, ist die Röntgenstrahlung insbesondere aus der Medizin nicht mehr wegzudenken.

Die Geschichte der Röntgenstrahlung ist dabei eng verknüpft mit der Geschichte des Strahlenschutzes. Während viele Forscher in den Anfangsjahren nach der Entdeckung ohne genaues Wissen über die Gefahren der ionisierenden Strahlung aus heutiger Sicht leichtsinnig agierten, wird bei der heutigen Anwendung nichts dem Zufall überlassen. Im Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach (EVK) sind mit Prof. Dr. med. Hans-Peter Hermann, PD. Dr. med. Payman Majd und Dr. med. Marc K. Schuler drei Chefärzte als Strahlenschutzbeauftragte für den sicheren Umgang mit Röntgenstrahlung verantwortlich.

„Wir überprüfen unter anderem regelmäßig alle eingesetzten Röntgengeräte und schulen unsere Mediziner und Pflegekräfte im Umgang damit“, erklärt Dr. Schuler. Allein in den Operationssälen des EVK stehen fünf Röntgengeräte verschiedenster Art. Jedes davon muss dabei von offizieller Stelle für den Einsatz genehmigt werden. „Alles wird genau dokumentiert und von ärztlicher Seite auch überprüft“, sagt Prof. Hermann. „Wir müssen als Strahlenschutzbeauftragte dafür sorgen, dass Röntgenstrahlung so sicher und patientenschonend wie möglich bei uns im Krankenhaus eingesetzt wird“, ergänzt Dr. Majd.

Die Technik hat sich seit der Entdeckung wesentlich weiterentwickelt. Dr. Schuler erklärt: „Röntgengeräte sind heutzutage hoch entwickelte Computer, die mit minimaler Strahlung gestochen scharfe Bilder errechnen, auf denen wir auch kleinste Details erkennen können. Früher waren lediglich Knochen oder Metall erkennbar.“ Im EVK wird nur noch digitales Röntgen eingesetzt, beispielsweise bei künstlichen Gelenken oder Brüchen. Das klassische belichtete Röntgenbild auf einem speziellen Röntgenfilm hat inzwischen ausgedient. Bei der Erstellung tragen die Anwesenden aber nach wie vor entsprechende Schutzkleidung.

Neben den bekannten Röntgenschürzen verfügt das EVK für den OP-Bereich auch über mehrere Röntgenschutzwände aus durchsichtigem Bleiglas. „Wir tragen außerdem Röntgenplaketten, mit denen die Strahlenbelastung für jeden einzelnen Mitarbeiter gemessen wird“, sagt Dr. Majd. Ein bisschen Röntgenstrahlung ist für den Körper aber nicht schädlich. Im Gegenteil, wie Dr. Schuler erklärt: „Ähnlich wie beim Immunsystem, das den Kontakt mit Keimen nicht zu fürchten braucht, um zu funktionieren, regt auch geringe Strahlung den Körper an, optimal zu funktionieren.“

Im Herzkatheterlabor der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie gehört das Röntgenverfahren praktisch zu fast jeder Behandlung. „Die Röntgenanlage ist hier fest und optimal integriert, wodurch eine geringe Strahlenbelastung für den Patienten gewährleistet werden kann“, so Prof. Hermann.

Dr. Schuler verfügt über verschiedenste  Zertifikate zur Anwendung von Strahlung (unter anderem Computertomographie und Kernspintomographie) bei allen Arten von Eingriffen – sowohl bei Erwachsenen als auch Kindern. In seiner Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie gehört diese Technik ebenfalls zum Alltag. „Röntgen ist oft die entscheidende Hilfe, um innerhalb von Sekunden das Problem erfassen und gezielt behandeln zu können“, sagt Dr. Schuler. Ein neues Röntgengerät in seiner Klinik, der modernste Röntgen-C-Bogen, erstellt sogar dreidimensionale Röntgenbilder der Knochen in Sekunden.

„Die Operationszeiten sind dadurch kürzer, weil wir durch die hochwertigen Bilder weniger Röntgenaufnahmen machen müssen“, so Dr. Schuler. Bei Dr. Majd in der Klinik für Gefäßchirurgie ist es ähnlich, auch hier kommt unter anderem ein vergleichbarer C-Bogen zum Einsatz. „Wir können sofort während der Operation die Qualität unserer Arbeit überprüfen und so das bestmögliche Ergebnis für den Patienten erzielen“, sagt Dr. Majd. Und das alles dank der Zufallsentdeckung eines deutschen Physikers aus Remscheid vor über 100 Jahren.

Text: Daniel Beer