Die Entstehung der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Evangelischen Krankenhauses Bergisch Gladbach (EVK) war ein langer Prozess, an dem über Jahrzehnte viele Menschen mitgewirkt haben. Inzwischen ist die Psychiatrie am EVK seit mittlerweile 25 Jahren die wichtigste Anlaufstelle für Menschen mit psychischen Erkrankungen im Rheinisch-Bergischen Kreis. Im Rahmen eines Festakts anlässlich des Jubiläums blickten am vergangenen Freitag damalige und heutige Wegbegleiter gemeinsam mit geladenen Gästen auf die Geschichte und die Bedeutung der Klinik.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Norbert Lenke gratulierte zum Jubiläum und betonte, wie wichtig die Psychiatrie in Bergisch Gladbach für das gesellschaftliche Miteinander sei. Vor dem Hintergrund aktueller politischer Entwicklungen in Deutschland und Europa erinnerte er an die unmenschliche Behandlung psychisch Erkrankter während der NS-Herrschaft. „Es war ein großes Unrecht und Leid, das nie vollständig aufgearbeitet worden ist“, sagte Lenke und verwies auf das damalige Schicksal der erkrankten Menschen. Heutzutage seien psychische Erkrankungen, obwohl in der Bevölkerung weit verbreitet, immer noch oft mit einem Stigma versehen. „Sie sind der zweithäufigste Grund für Krankschreibungen und verantwortlich für knapp die Hälfte aller Frühberentungen“, erklärte Lenke. Es sei daher umso wichtiger, offen darüber zu sprechen und die Versorgung für betroffene Menschen weiter zu verbessern.
Bergisch Gladbachs Bürgermeister Frank Stein knüpfte an die Worte des EVK-Aufsichtsratsvorsitzenden an und zitierte Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Stein betonte, dass alle Patienten ein Recht auf Empathie haben – egal, ob sie an einem gebrochenen Bein, einer Krebserkrankung oder einer Psychose leiden.
Die psychiatrische Klinik des EVK ist seit Anfang der 2000er Jahre für die psychiatrische Pflichtversorgung des Rheinisch-Bergischen Kreises mit seinen fast 300.000 Einwohnern verantwortlich. Landrat Stephan Santelmann dankte dafür in seinem Grußwort und sicherte die Unterstützung des Kreises auch bei den zukünftigen Herausforderungen der Gesundheitspolitik zu.
EVK-Geschäftsführer Sebastian Haeger bedankte sich insbesondere bei der Evangelischen Kirche als Gesellschafter und beim Förderverein für die permanente finanzielle Unterstützung von Klinikprojekten, denn das Land NRW stelle nicht alle benötigten Gelder zur Verfügung. Ein aktuelles Beispiel für ein Förderprojekt seien die Virtual-Reality-Brillen, die bei Therapien gegen Angststörungen eingesetzt werden und die im Anschluss an die Veranstaltung von den Gästen direkt ausprobiert werden konnten. Haeger kündigte zudem die baldige Eröffnung einer weiteren psychiatrischen Tagesklinik mit 18 Plätzen an, die in den Räumlichkeiten der ehemaligen Senioreneinrichtung Helmut-Hochstetter-Haus untergebracht werden wird.
An die Anfangszeit der Klinik erinnerten sich anschließend in einem Videoeinspieler langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des EVK. Sie berichteten von Zweifeln und Vorurteilen aus den eigenen Reihen, die sich jedoch mit der Zeit legten. Heute ist die Psychiatrie mit 110 stationären Betten und demnächst 36 tagesklinischen Plätzen die größte medizinische Fachabteilung des EVK. Mit einem neuen Imagefilm, der beim Festakt seine Premiere feierte und bald auch online verfügbar sein wird, präsentiert sich die Klinik auf moderne und zugängliche Weise der Öffentlichkeit.
Chefarzt PD Dr. med. Fritz-Georg Lehnhardt nahm die vielen Glückwünsche mit einem Lächeln entgegen und sagte: „Es ist schön, so viel Lob zu hören. Das gebe ich gerne an all unsere engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter, ohne die unsere Klinik nicht diesen Stellenwert bekommen hätte, den sie jetzt für die Menschen in Bergisch Gladbach und im Rheinisch-Bergischen-Kreis hat.“
Dr. Lehnhardt hatte die Klinik im Jahr 2019 von dem Gründungsvater Prof. Dr. med. Ulrich Schultz-Venrath übernommen. Der Chefarzt hob die umfangreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den vielen somatischen Abteilungen innerhalb des Klinikums sowie mit den externen Kooperationspartnern der verschiedenen psychosozialen Dienste und Institutionen im Kreis hervor. Gerade für die Nachhaltigkeit einer Klinikbehandlung sei ein gut abgestimmtes Netzwerk mit den verschiedenen Anbietern von Hilfen zu Wohnen, Arbeit und Rehabilitation von entscheidender Bedeutung, so Dr. Lehnhardt.
Musikalisch wurde der Festakt von Violinistin Marianne Cilliers-Legierski und Gitarrist Attila Ronto begleitet. Cilliers-Legierski war einst selbst Patientin in der Psychiatrie am EVK und wollte sich mit dem Auftritt noch einmal für die Betreuung in einer für sie schwierigen Lebensphase bedanken und so gleichzeitig zur Entstigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen beitragen.
Im Anschluss an den offiziellen Teil konnten die Gäste einige der Therapieformen der Psychiatrie in einer multimedialen Begleitausstellung kennenlernen: Unter anderem wurden Kunstobjekte ausgestellt, die Patientinnen und Patienten im Rahmen der Kunsttherapie erschaffen haben. Der Leitende Oberarzt Nils Schäfer stellte die Virtual-Reality-Expositionsbehandlung vor. Dr. Lehnhardt zeigte ein Gerät für die sogenannte repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS). Ein Neurostimulationsverfahren zur Behandlung von Depressionen, das er in der Klinik erfolgreich etabliert hat.