Typische COPD-Symptome sind Husten mit Auswurf und Atemnot bei Belastung - (Foto: vectorfusionart - stock.adobe.com).
12.10.2021 Medizindialog

Nikotinverzicht ist die wichtigste Maßnahme

Chronische Erkrankungen der Atemwege und der Lunge lassen sich mit verschiedenen Methoden behandeln.

Dr. med. Thomas Stevens

Dr. med. Thomas Stevens

Wer bei diesen drei Fragen dreimal mit „Ja“ antwortet, hat mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit eine COPD: Sind Sie über 40 Jahr alt? Rauchen Sie oder haben Sie früher geraucht? Haben Sie Husten oder Atemnot? Wie die weitere diagnostische Abklärung und Behandlung aussieht, weiß Dr. med. Thomas Stevens, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Pneumologie am Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach (EVK). Zentrale Elemente der Therapie sind demnach der Rauchstopp und körperliche Aktivitäten, um den Teufelskreis der Schonung zu durchbrechen.

COPD: Diese vier Buchstaben stehen für „chronic obstructive pulmonary disease“ und beschreiben eine chronische Erkrankung der Atemwege und der Lunge. Übersetzt bedeutet dies, dass es sich um eine chronische Erkrankung handelt (chronic), die nicht mehr verschwindet, mit einer Verengung einhergeht (obstructive) und die Lunge und die Atemwege betrifft (pulmonary). Disease ist der englische Begriff für Erkrankung.

Volkskrankheit COPD

Typische COPD-Symptome sind Husten mit Auswurf und Atemnot bei Belastung. „Die COPD ist weltweit die dritthäufigste Todesursache und kann als Volkskrankheit bezeichnet werden“, so Dr. Stevens. Zehn Prozent aller Menschen sind davon betroffen.

COPD betrifft sowohl die Atemwege, sprich die Bronchien, als auch das Lungengewebe selbst. Die Atemwege sind chronisch entzündet, verlieren an Elastizität und kollabieren. Weil so die Ausatmung deutlich erschwert ist, findet eine dynamische Überblähung statt. Schädigende Stoffe, also zum Beispiel der Zigarettenrauch, führen zu einem Verlust von Lungengewebe. Dies führt ebenfalls zu einer Überblähung.

Als Ursache für die COPD gilt in Industrieländern in über 90 Prozent der Fälle das Rauchen, aber auch wer Stäuben im Arbeitsleben oder Rußpartikeln ausgesetzt ist, kann an COPD erkranken. Schließlich führt ein erblicher Mangel an einem bestimmten Enzym (Alpha1-Antitrypsin) zu COPD.

Große Lungenblasen ohne Funktion

Bei einer Lunge, die Zigarettenrauch oder anderen Giftstoffen ausgesetzt ist, führen die schädlichen Partikel zu Entzündungen der Schleimhäute der Lungenbläschen (Alveolen). Es findet quasi eine Selbstverdauung der Strukturen statt und am Ende bleiben große luftgefüllte Bläschen übrig, die aber nicht mehr am Gasaustausch teilnehmen. Bei einer chronischen Bronchitis verlieren die Bronchien an Elastizität, es bildet sich mehr Schleim als sonst und die wichtigen Flimmerhärchen werden zerstört.

Wer unter chronischem Husten leidet oder bei körperlicher Aktivität eine Luftnot verspürt, sollte zur Abklärung zum Arzt gehen. Dieser stellt beim Abhören der Lunge häufig ein „Giemen“, also ein pfeifendes Geräusch, fest oder ein Brummen. In manchen Fällen ist aber auch kaum etwas zu hören, der Fachmann spricht von einer „silent chest“, einer stillen Brust, bedingt durch eine geringe Atemzugtiefe wegen der Überblähung. Auch kann es sein, dass das Atemgeräusch deutlich länger als üblich dauert. Zur weiteren Abklärung wird im Lungenfunktionslabor gemessen, in welcher Zeit welches Luftvolumen aus- und eingeatmet wird.

Viele Unterschiede zwischen COPD und Asthma

Oft erlebt es Dr. Stevens, dass Patienten zu ihm sagen: „Herr Doktor, ich habe Asthma.“ Doch im weiteren Verlauf der Untersuchung stellt sich heraus, dass sie unter COPD leiden. Beide Krankheiten unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht. So sind bei Asthma lediglich die Atemwege chronisch entzündet, während das Lungengewebe nicht betroffen ist. Während COPD oft ab dem 50. Lebensjahr auftritt, leiden meist Kinder und Jugendliche unter Asthma. Einen kausalen Zusammenhang von Asthma und Zigarettenrauch gibt es nicht, während von COPD überwiegend Raucher betroffen sind.

COPD-Patienten verspüren eine Atemnot bei Belastung, während die Atemnot bei Asthmatikern typischerweise anfallsartig, etwa in den frühen Morgenstunden oder beim Kontakt mit allergieauslösenden Pollen auftauchen kann. Dagegen haben COPD-Patienten seltener eine Allergie. Bei ihnen ist die typische Verengung nie voll rückgängig zu machen, während dies bei Asthmatikern mit atemwegserweiternden Medikamenten gut möglich ist. Diese Patienten sprechen in der Regel gut auf Kortison an, COPD-Betroffene dagegen kaum, weshalb eine Kortison-Behandlung bei ihnen auch nicht dauerhaft erfolgen sollte, erklärt Dr. Stevens.

Teufelskreis der Schonung

Steht nun eindeutig fest, dass man unter COPD leidet, dann geht es vor allem darum, den Teufelskreis der Schonung zu durchbrechen. Dieser hat seinen Ausgangspunkt in der Luftnot bei körperlicher Aktivität. Man kommt sehr schnell außer Atem. Folglich meiden viele Patienten körperliche Aktivitäten und Belastungen. Durch diese Schonung kommt es zu einer Abnahme der Muskulatur und Knochenmasse, das Herz-Kreislauf-System wird beeinträchtigt. Die Folge: eine noch geringere Kondition. Durch Krankheitsschübe (Exazerbationen) kommt es zu einer Verstärkung der Beschwerden.

Exazerbationen sollen auf jeden Fall vermieden werden, sagt Dr. Stevens, denn sie sind zum einen gefährlich und führen zum anderen dazu, dass nach einem solchen Krankheitsschub der Zustand des Patienten meist schlechter ist als zuvor.

Therapie startet mit Nikotinverzicht

Bei der Behandlung der COPD ist der Nikotinverzicht die wichtigste Maßnahme. „Es gibt keine Therapie, die einen solchen Erfolg bringt“, so Dr. Stevens. Oder anders gesagt: Wenn Patienten mit dem Rauchen nicht aufhören, sind alle anderen Maßnahmen nur bedingt sinnvoll. Wer im Alter von 50 Jahren mit dem Rauchen aufhört und unter einer milden COPD leidet, hat gute Chancen, dass sich seine Lungenfunktion nur noch in dem gleichen Maße verringert wie bei einem gesunden Nichtraucher. Raucht er weiter, geht es dagegen viel steiler bergab.

Die inhalative Therapie ist der zweite wichtige Ansatz in der Behandlung. Sie ruht auf drei Säulen, die unter den Kürzeln LAMA, LABA und ICS bekannt sind. Während es sich bei LAMA und LABA um Wirkstoffe handelt, die bronchienerweiternde Effekte haben, werden mit ICS entzündungshemmende Wirkstoffe beschrieben. Alle drei gibt es sowohl einzeln als auch in Kombination und es ist Aufgabe des Arztes, hier die optimale Kombination für seine Patienten herauszufinden.

Verschiedene Möglichkeiten der Inhalation

Zur Inhalation steht eine Vielzahl unterschiedlicher Geräte zur Verfügung, seien es Pulverinhalatoren oder Dosieraerosole. „Wer in der Lage ist, einen Pulverinhalator zu verwenden, dem würde ich einen solchen empfehlen“, so Dr. Stevens. Wenn jedoch die Atemtiefe zu gering ist, sind Aerosole zu bevorzugen. Die Deutsche Atemwegsliga zeigt auf ihrem YouTube-Kanal alle gängigen Gerätetypen und deren Anwendung. Hier das passende Gerät für sich zu finden und richtig anzuwenden ist wichtig. „Das richtige Inhalieren ist essenziell für den Therapieerfolg“, erklärt Dr. Stevens.

Als weitere Behandlungsmöglichkeiten stehen mobile Sauerstoffflaschen für den häuslichen Bereich und die Beatmung zur Verfügung. Damit lässt sich eine zu hohe Kohlendioxid-Konzentration vermeiden, die unerwünschte Folgewirkungen wie Kopfschmerzen, geschwollene Beine oder ein ständiges Müdigkeitsgefühl nach sich ziehen können.

Für ausgewählte Patienten kommt die Volumenreduktion der Lunge infrage. Hier werden endobronchiale Ventile implantiert, die nach dem Ausatmen verhindern, dass neue Luft einströmt. So kann sich das Zwerchfell erholen und wieder ausdehnen. Das kann die Lungenfunktion und die körperliche Leistungsfähigkeit verbessern.

Dr. Stevens rät COPD-Patienten zu regelmäßigen Impfungen wie gegen die saisonale Influenza, Pneumokokken und COVID-19, um schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden. Einen hohen Stellenwert in der Behandlung von COPD nehmen Sport und Reha-Maßnahmen ein, um den bereits beschriebenen Teufelskreis der Schonung zu durchbrechen.

Ihr Ansprechpartner am EVK
Klinik für Innere Medizin und Pneumologie
Chefarzt Dr. med. Thomas Stevens
Sekretariat Stefanie Abts
Tel.: 02202 122 - 2132
E-Mail: pneumologie@evk.de