Foto: Adiano – adobe.stock.com - Typische Symptome des Reflux sind saures Aufstoßen, Sodbrennen und ein Brennen hinter dem Brustbein.
17.03.2021 Medizindialog

Schluss mit dem sauren Aufstoßen

Chefärztin Dr. med. Daniela Müller-Gerbes im Medizindialog: „Sodbrennen, Schluckstörungen, Refluxerkrankung? Moderne Diagnostik und Therapie“.

Foto: EVK BG - Dr. med. Daniela Müller-Gerbes, Chefärztin der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie.

„Eine gute Diagnostik ist bei der Behandlung der Refluxerkrankung ganz wichtig, denn nur mit einer richtigen Diagnose kann auch die richtige Therapie erfolgen.“ In ihrem Videovortrag über „Sodbrennen, Schluckstörungen, Refluxerkrankung? Moderne Diagnostik und Therapie“ zeigt Dr. med. Daniela Müller-Gerbes, Chefärztin der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie, die Symptome, Untersuchungsmöglichkeiten und Behandlungswege dessen auf, was landläufig unter „saurem Aufstoßen“ verstanden wird. Und hier liegt auch schon der Hund begraben, denn die Sache ist komplizierter als gedacht. „Es kommt häufig vor, dass wir Hinweise auf eine Refluxerkrankung haben, aber eine ganz andere Erkrankung zugrunde liegt“, so Dr. Müller-Gerbes.

Die Symptome

Die Refluxerkrankung kann sich ganz unterschiedlich zeigen. Da ist zum einen das klassische Sodbrennen mit saurem Aufstoßen und einem Brennen hinter der Brust, klassischerweise nach dem Essen. Eine weitere Ausprägung besteht darin, dass der Schluckvorgang so schmerzhaft ist, dass er heftige Brustschmerzen verursacht, mancher Patient ist schon mit Verdacht auf Herzinfarkt im Notarztwagen in die Klinik gekommen. Und es können sich allgemeine Oberbauchschmerzen oder chronisches Husten oder eine Kehlkopfentzündung zeigen.

Vielfältige Ursachen

Bei der typischen Refluxerkrankung fließt Säure aus dem Magen in die Speiseröhre zurück. Der Mediziner unterscheidet zwischen einem sichtbaren Rückfluss, der bei einer Magenspiegelung zu sehen ist, und einem nicht-sichtbaren Reflux. Als häufige Ursache gilt eine Hernie, also ein Zwerchfellbruch. „Viele Patienten sagen mir dann: Meine Klappe funktioniert nicht mehr gut“, berichtet Dr. Müller-Gerbes und präzisiert, dass es sich nicht um eine Klappe, sondern vielmehr um eine Ringmuskulatur handelt, die vom Zwerchfell umgeben ist. Diese Konstruktion sorgt dafür, dass der Übergang von der Speiseröhre zum Magen  verschlossen werden kann – oder eben auch nicht.

Weitere Ursachen für die Refluxerkrankung können Divertikel sein, also Aussackungen in der Speiseröhre, in denen sich Nahrungsreste sammeln und zurückfließen. Die Speiseröhre kann aber auch entzündet sein, durch Viren oder Pilze. Allergische Reaktionen der Speiseröhre sind ein weiterer Auslöser für Beschwerden und laut Dr. Müller-Gerbes schwer zu diagnostizieren. Recht selten kommt es vor, dass die Speiseröhre „hypersensitiv“ auf ganz normale Stoffwechselvorgänge reagiert und der Patient meint, er leide unter einer Refluxerkrankung. Und schließlich gibt es auch die Gruppe der Beschwerden, die durch eine  Bewegungsstörung der Speiseröhrenmuskulatur ausgelöst werden, diese kann entweder zu schlaff sein oder sich zu stark verkrampfen.

Diagnostik Schritt für Schritt

Bei der Diagnostik ist ein schrittweises Vorgehen sinnvoll. „Nicht jeder Patient braucht jede Untersuchung“, so die Chefärztin. Begonnen wird mit der Gabe von säurehemmenden Medikamenten, den sogenannten Protonenpumpeninhibitoren, kurz PPI. Dr. Müller-Gerbes betont, dass eine jahrelange Einnahme dieser Medikamente nur dann erfolgen sollte, wenn andere Ursachen ausgeschlossen wurden und eine klare Indikation besteht. „Und dies ist am besten mit einer Magenspiegelung möglich.“ Wenn sich die Mediziner selbst ein Bild von der Speiseröhre, dem Magen und dem Beginn des Zwölffingerdarms machen, können sie Ursachen wie einen Tumor ausschließen und auch gleich Gewebeproben zur weiteren Untersuchung entnehmen. Der Patient bekommt eine leichte Schlafspritze und nach zehn bis zwölf Minuten ist alles vorbei.

Eine weitere Untersuchungsmethode ist die Säuremessung. Am EVK wird im Rahmen einer kabellosen 48-Stunden-ph-Metrie bei einer Magenspiegelung zunächst ein winziger Mikrochip in der Speiseröhre befestigt. Dieser misst die Säurekonzentration und funkt die Ergebnisse an einen Receiver, der am Hosengürtel hängt. Der Patient muss ein Protokoll darüber führen, was er isst und trinkt, um später zu erkennen, ob eine Konzentrationsspitze vom Glas Orangensaft herrührt oder eine andere Ursache hat. Der Chip löst sich nach 48 Stunden ab und wird auf natürlichem Weg ausgeschieden.

Bei unklaren Schluckbeschwerden, Schmerzen beim Schlucken und hinter dem Brustbein sowie einer möglichen OP erfolgt eine Druckmessung (Manometrie). Eine dünne glatte Sonde wird durch die Nase eingeführt und innerhalb von zehn Minuten trinkt der Patient mehrmals einen großen Schluck Wasser. Dabei wird gemessen, ob die Speiseröhre normal arbeitet, das Ergebnis ist eine bunte und vielfarbige „Wetterkarte der Speiseröhre“ (Dr. Müller-Gerbes).

Jede Refluxerkrankung, die länger andauert, sollte nach Darstellung der Chefärztin gründlich untersucht werden. Chronische Veränderungen können gefährlich sein. Die einzelnen diagnostischen Schritte lassen sich am besten während eines stationären Aufenthalts an einem Refluxzentrum wie dem EVK absolvieren.

Die Therapie

Die klassische Therapie bei einer Refluxerkrankung besteht in der Gabe von säurehemmenden Medikamenten, den PPI. Die Medikamente sollten individuell angepasst werden, denn: „Nicht jeder Patient spricht auf jedes Medikament gleich gut an“, so Dr. Müller-Gerbes. Hinsichtlich ihrer möglichen Nebenwirkungen werden die PPI zu Unrecht häufig kritisiert. Wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass PPIs sicher sind und auch bei einer langfristigen Einnahme keine erheblichen Nebenwirkungen zu befürchten sind. Es ist lediglich darauf zu achten, dass dem Körper ausreichend Eisen und Vitamin B12 zugeführt wird.

Zur weiteren medikamentösen Behandlung zählen die Säurekontrolle (Antazida, H2-Blocker), Refluxhemmer auf neurologischer Schiene (Baclofen), Alginate zur Einnahme in einzelnen Situationen wie kurz vor dem Essen und Psychopharmaka bei hypersensitiver Speiseröhre. Ändern die Patienten ihren Lebensstil, so berichten sie häufig von deutlichen Verbesserungen in puncto Reflux, weiß Dr. Müller-Gerbes.

Behandlung ganz ohne Medikamente

  • Körpergewicht reduzieren
  • Mit dem Rauchen aufhören
  • Das Kopfende beim Bett leicht erhöhen
  • Keine große Mahlzeit kurz vor dem Schlafengehen

Alkohol lässt Ringmuskulatur zwischen Speiseröhre und Magen erschlaffen, deshalb: wenig oder gar nichts trinken. Führen weder Medikamente noch eine Änderung der Lebensweise zum Erfolg, kann eine OP helfen. Hierbei wird der Magen in die Bauchhöhle zurückverlagert und ein Zwerchfellbruch mit Hilfe eines künstlichen Netzes eingeengt.

Ihr Ansprechpartner am EVK
Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie
Chefärztin Dr. med. Daniela Müller-Gerbes
Sekretariat: Andrea Csapo / Heidi Lehmann
Tel.: 02202 122 – 2150
Fax: 02202 122 – 2155
E-Mail: gastroenterologie@evk.de

Text: Robert Schäfer