40 Jahre als Grüne Dame im Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach – auf diese lange Zeit blickt die 79-jährige Ursula Groß, genannt Uschi, mit Freude und Besonnenheit zurück. Im Jahr 1983 las sie den Aufruf, sich für den Dienst mit den Patienten als Ehrenamtlerin zu melden. Als sie das im Kirchenblatt gelesen hatte, war ihre Motivation für sie klar: „Nach verschiedenen Krankheiten, auch in der Familie, wollte ich etwas zurückgeben, weil ich immer gut davongekommen bin.“
1983 gab es die ehrenamtliche Gruppe, die damals von Hasso von Samson geleitet wurde, erst seit zwei Jahren. „Als Neue wurde ich von jemandem, der schon eingearbeitet war, auf der Station an die Hand genommen und bin von Zimmer zu Zimmer mitgegangen.“ Schnell hat sie das Herzklopfen vor dem Betreten des Krankenzimmers verloren, hat schon bald allein die Patientinnen betreut. Einfach war das nicht, denn sie hatte sich nach einigen Stationen für die Gynäkologie entschieden – mit dem Schwerpunkt krebskranke Patientinnen.
„Zu Anfang habe ich das Erlebte mit nach Hause genommen, aber dann habe ich gelernt: Alles, was ich erlebe, bleibt im Krankenhaus. Das war sehr hilfreich für mich“, berichtet Uschi Groß. Auf der Station ist sie mit Herz und Seele für ihre Schützlinge da: Die junge krebskranke Mutter, die inständig hoffte, ihre Tochter heranwachsen zu sehen. „Da haben wir zusammen geweint“, erinnert sie sich. Und sie konnte auch Patientinnen helfen, die eine Chemotherapie ablehnten. „Ich habe dann gesagt: Versuchen Sie es doch, Sie können immer noch abbrechen oder nein sagen.“ Ihre Feststellung: Die Patienten nehmen ihre Worte als neutrale Person eher an als von Ärzten oder Pflegepersonal.
Ein Satz ist ihr in Erinnerung geblieben: Die Chemo ist ein Freund, der den entarteten Zellen den Weg zeigt. „Das ist ein schönes Zitat, das ich einmal anwandte.“ Doch die Patientin entgegnete: „Auch Sie können mich nicht überreden“, erinnert sich Groß. „Ich sagte ihr: ‚Ich möchte Ihnen nur helfen, dass Sie darüber nachdenken.‘“ Später habe sie die Dame in der Stadt getroffen. Sie hatte sich die Worte sehr zu Herzen genommen und doch die Chemotherapie durchgezogen.
Einmal in der Woche kommt sie in die Gynäkologie, steht aber auch auf Abruf bereit, wenn man sie braucht. Im Schwesternzimmer bekommt sie Auskunft über die Patientinnen, geht dann von Zimmer zu Zimmer. „Ich spreche die Patientinnen nicht sofort an, frage nebenbei, wie geht es Ihnen? Ich bin die Ehrenamtliche von der Station“, erklärt Groß. „Und dann öffnen sie sich. Ich begleite vor allem ältere Menschen, die keine Angehörigen mehr haben oder die weiter weg wohnen.“
Als Grüne Dame bezeichnet sie sich bei den Patientinnen allerdings nie. Der Grund ist ein Erlebnis ganz zu Beginn ihres Einsatzes: „Ich habe mich vorgestellt als Grüne Dame. Da hat eine Patientin die Decke über den Kopf gezogen und gesagt ‚Mit denen will ich nichts zu tun haben.‘“ Danach habe sie sich immer als Ehrenamtliche von der Station vorgestellt. Doch es gibt auch positive Erlebnisse: „Ich habe schon eine Wolke da oben“, gibt sie die Worte einer schwerkranken 90-jährigen Patientin wieder, für die sie eine Kerze mit Batterie aufgestellt hat. „Ich muss gehen, aber die Wolke oben neben mir ist reserviert für Sie“, habe diese gesagt. Aber da antwortete Uschi Groß: „Nicht so bald. Ich will noch bleiben.“
In Fortbildungen haben die Grünen Damen und Herren, so die korrekte Bezeichnung, im Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach den Umgang mit Patientinnen und Patienten gelernt und treffen sich regelmäßig zum Austausch: Sich ans Bett zu setzen, sich die Sorgen und Nöte anzuhören, eine Lösung anzubieten – auch für die Angehörigen, die manchmal nicht das richtige Wort für den Umgang mit einer Krebskranken finden – das kann das Pflegepersonal neben der normalen Arbeit nicht leisten. Seit vielen Jahr ist Uschi Groß außerdem Patientenfürsprecherin im EVK und wirkt auch im ambulanten Hospizverein „Die Brücke“ mit.
Eine Besonderheit: Im EVK Bergisch Gladbach übernehmen Mitarbeiter des sogenannten Bring- und Holdienstes auch kleine Besorgungen für die Patientinnen und Patienten. „Für Lotsendienste beschäftigen wir eigene Leute, denen wir die Arbeit nicht wegnehmen wollen“, erklärt Pastor Dr. Rainer Fischer. Wer sich für eine ehrenamtliche Mitarbeit bei den Grünen Damen und Herren interessiert, kann sich bei ihm im Seelsorgebüro melden per Telefon unter 02202 / 122 1088 oder per E-Mail an seelsorge@evk.de.
Text: Gisela Schwarz
Dieser Beitrag ist erstmalig am 05. Dezember 2023 im Kölner Stadt-Anzeiger erschienen.