Foto: Susanne Prothmann - PD Dr. med. Fritz-Georg Lehnhardt, Chefarzt Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik.
02.04.2020 Corona-Pandemie

Corona: Was für unser seelisches Gleichgewicht jetzt wichtig ist

PD Dr. med. Fritz-Georg Lehnhardt, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik über den Einfluss von Denken und Handeln auf unsere Gefühle in der Corona-Krise.

Von PD Dr. med. Fritz-Georg Lehnhardt

Die Corona-Krise ist allgegenwärtig und beeinflusst unser Leben wie kaum eine andere Krise zuvor. Die Medien sind voller Aussagen besorgter Politiker und Wissenschaftler, die uns täglich neue, beunruhigende Fakten vermitteln. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus werden immer drastischer und haben bereits in unseren ganz privaten Alltag in bisher nicht gekannter Weise Einzug gehalten. Auch in den Gesprächen mit Freunden, Angehörigen und Kollegen kann sich kaum jemand noch dieses Themas entziehen.

All dies beeinflusst ganz unweigerlich unsere Gefühle und löst bei vielen Menschen Angst und Besorgnis aus. Angst ist für sich genommen ein Gefühl, das nicht nur schlecht ist. So kann es die Achtsamkeit und die Bewusstheit für eine kritische Situation positiv erhöhen. Angst und Besorgnis können uns aber auch hemmen und Leiden verursachen, wenn die Gefühle des Ausgeliefertseins oder der Hilflosigkeit zum Mittelpunkt unseres Alltags werden. Dies kann umso deutlicher werden, je mehr Maßnahmen zur „sozialen Distanzierung“ uns untätig zuhause sitzen lassen und wir uns gänzlich aus unseren Alltagsgewohnheiten geworfen fühlen.

Aus der Psychotherapie ist bekannt, dass unser Fühlen maßgeblich bestimmt wird durch unser Denken und Handeln. Im Gegensatz zu unseren Gefühlen können wir aber ganz bewusst das Denken und Handeln beeinflussen. Hierfür können und  sollten wir nun verstärkt Sorge tragen.

In der Corona-Krise wird unser Denken vor allem durch die vielen negativen Informationen bestimmt, die täglich auf uns einprasseln. Jedem negativen Gedanken können wir ganz bewusst einen positiven, beruhigenden Gedanken gegenüberstellen: Wir haben in Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, unsere Wirtschaft ist die stabilste in ganz Europa, ganz viele Menschen sind engagiert und hilfsbereit, wir werden auch diese Krise ganz ohne Zweifel überstehen.

Aus einem positiven Denken heraus können wir auch ganz bewusst unser Handeln lenken und hilfreiche Entscheidungen für uns treffen: Ich schränke meinen Medienkonsum auf ein sinnvolles Maß ein, ich konzentriere mich auf seriöse Informationsquellen und schalte mein Mobiltelefon und den Laptop auch mal für ein paar Stunden einfach aus. Ich lenke meine Aufmerksamkeit ganz bewusst auf Dinge, die mir guttun, lese ein gutes Buch, topfe die Pflanzen auf dem Balkon um und spreche mit Freunden und Angehörigen auch mal über andere Dinge. Auch einander helfen, zum Beispiel für ältere Nachbarn Einkäufe oder Besorgungen erledigen, ist ein Handeln, das nicht nur der Person zugutekommt, der wir helfen. Auch bei uns wird sich ein positives Gefühl einstellen, wenn ich meine passive Haltung verlasse und mich für ein positives Handeln entscheide.

Unser seelisches Gleichgewicht ist in der Corona-Krise ganz besonders auf eine gesunde innere Haltung angewiesen. Durch einen bewussten Umgang mit dem, was wir denken und wie wir handeln, haben wir es selber in der Hand, wie unsere Gefühle unseren Alltag bestimmen.

Tipps für die seelische Gesundheit von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGGPN) (Link).